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Multimodales Interview

auch: Multimethodales Interview
engl: multimodal interview, multimethodal interview

Photo Bewerber im Multimodalen Interview

Komplexe Form eines vorab geplanten und strukturieren Bewerberinterviews in der verschiedene Interviewmethoden und Fragetypen zum Einsatz kommen, um aus unterschiedlichen Perspektiven die Eignung des Bewerbers zu analysieren.

Ein möglicher Ablauf von Interviewkomponenten und Fragen:

Der Aufbau des Multimodalen Interviews

1. Gesprächsbeginn:

Kurze informelle Unterhaltung. Schaffen Sie eine angenehme und offene Gesprächsatmosphäre. Skizzieren Sie dem Kandidaten das Verfahren. Fördern Sie die Auskunftsbereitschaft. Keine Beurteilung.

2. Selbstvorstellung des Bewerbers:

Der Bewerber spricht einige Minuten über seine persönliche und berufliche Vorgeschichte, seine derzeitige Situation und seine Erwartungen für die Zukunft. Gute Bewerber stellen selbst Bezüge zu den Aufgaben und Anforderungen der Zielposition her. Bewerten Sie die Vorstellung des Bewerbers mittels anforderungsbezogener Bewertungskriterien.

3. Freier Gesprächsteil:

Stellen Sie nun offene Fragen, in denen Sie an die Selbstvorstellung und die Bewerbungsunterlagen anknüpfen. Die Bewertung erfolgt summarisch.

4. Berufsorientierung und Organisationswahl:

Stellen Sie standardisierte, vorbereitete Fragen zu Berufswahl, beruflichen Interessen, Organisationswahl, Bild des Bewerbers von Ihrem Unternehmen und seiner Bewerbung. Bewerten Sie die Antworten auf verhaltensverankerten Skalen: Sie sollten vorab für jede Frage definiert haben, welche Antworten Sie positiv und welche negativ bewerten wollen, oder wie viele Punkte Sie für bestimmte Antworten vergeben wollen. Bei berufserfahrenen Bewerbern können Sie nun auch Fragen zum Fachwissen oder Handlungswissen stellen. Beispielfragen:
Welche Aufgaben interessieren Sie besonders?
Woran messen Sie Ihren beruflichen Erfolg?
Wie gehen Sie in Situation xy vor (wenn der Förderkorb klemmt)?

5. Biographiebezogene Fragen:

Stellen Sie nun biografische Fragen (oder "Erfahrungs-"Fragen). Idealerweise haben Sie die Fragen von den Kriterien und Dimensionen abgeleitet, die Sie zuvor in einer Anforderungsanalyse ermittelt hatten. Als Behelf können sie auch validierte Fragen aus vorhandenen biografischen Fragebogen übernehmen. Die Antworten werden je nach Inhalt bewertet oder auf verhaltensverankerten Skalen eingestuft. Beispielfragen:
Welches waren in Ihrem Leben die größten Herausforderungen für Sie, privat sowie beruflich?
Was war für Ihr berufliches Weiterkommen besonders hilfreich?

6. Realistische Tätigkeitsinformation:

Als Interviewer geben Sie dem Bewerber nun ausgewogene, bedarfsgerechte Informationen über die Tätigkeit, den Arbeitsplatz und das Untenehmen. Leiten Sie abschließend zu situativen Fragen über. Keine Beurteilung.

7. Situative Fragen:

Stellen Sie nun die situativen Fragen, die Sie vorab anhand der Critical-Incident-Technik konstruiert haben. Auch zu diesen Fragen sollten Sie jeweils eine Anleitung zur Auswertung parat haben. Diese enthält typische Beispielantworten und Angaben dazu, wie diese Antworttypen zu bewerten sind. Beispielfrage:
Wie gehen Sie als Kundenbetreuer mit Kundenbeschwerden um, wenn der Kunde weitgehend selbst für die Mißstände verantwortlich ist, über die er sich beschwert?

8. Gesprächsabschluss:

Bieten Sie dem Bewerber die Gelegenheit, selbst Fragen zu stellen und beantworten Sie diese. Typische Bewerberfragen finden Sie hier. Konkretisieren Sie das weitere Vorgehen. Gegebenenfalls werden bereits Vereinbarungen zum Vertragsrahmen getroffen.

In fünf dieser Komponenten wird das Verhalten und die Antworten des Interviewten bewertet und damit das diagnostische Urteil entwickelt. Die drei anderen Komponenten dienen dazu, eine angemessene Beziehung herzustellen, Offenheit aufzubauen und den Interessen des Bewerbers entgegenzukommen.


Erfolgsfaktor: Vorab erstellter Leitfaden zur Bewertung

Zur Auswertung und Bewertung der Antworten und Eignung der interviewten Kandidaten wird vorab nicht nur ein Leitfaden mit Fragen erstellt, sondern auch zu jeder Frage festgelegt, was die Kandidaten antworten müssen, um als geeignet bewertet zu werden. Geht es nicht um Eignung, sondern z.B. um Potenziale oder Talente, wird vorab festgelegt welche Antworten im Sinne der Potenzial- oder Anforderungskriterien wie zu bepunkten und zu bewerten sind.

Siehe auch:
Multimodale Messung
Interviewer-Training
AGG-konforme Themen und Fragen zur Bewerberauswahl


Beratung:

Gerne konzipieren wir zusammen mit Ihnen ein spezifisches multimodales Interview oder einen Leitfaden für Ihr aktuelles Stellenbesetzungsprojekt.
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Literatur:
Richter, G. (2003). Was misst das strukturierte Einstellungsinterview? - Studien zur Konstruktvalidität des Multimodalen Interviews. Digitale Bibliothek der Universität Marburg. (hier als pdf, 545 kb)
Schuler, H. (2002). Das Einstellungsinterview. Göttingen: Hogrefe.


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